Die richtige Unternehmenssoftware finden
ERP, CRM oder Marketing Automation?
Inhalt
Wo ein ERP-System (Enterprise Resource Planning System) früher rein zur Verwaltung der Herstellung, des Lagers und des Einkaufs gedient hat, bietet es heute weitere Möglichkeiten, um zum Beispiel Kundendaten, Personal und Projekte zu managen. Die Software geht also weit über die „Ressourcenplanung“ hinaus.
CRM-Systeme (Customer Relationship Management System) waren ursprünglich für die Verwaltung und Optimierung von Kundenbeziehungen gedacht. Doch Kundenbeziehungen reichen weit in die Unternehmensabläufe hinein. Eine CRM-Software ist heute mehr als eine reine Kontaktverwaltung. Sondern integriert häufig Funktionen, die ERP-Systeme ebenfalls abbilden, wie ein Rechnungssystem und sogar eine Lager- und Produktverwaltung.
Neu im Bereich Unternehmenssoftware ist die sogenannte Marketing Automation. Auch in diesem Bereich existieren bereits Lösungen, die sich um mehr als nur Marketing Automation kümmern, sondern gleich ein ganzes CRM und CMS integrieren.
Diese ganzheitliche Sicht auf Unternehmensprozesse ist sinnvoll, erschwert allerdings die Wahl zwischen den verschiedenen Typen von Unternehmenssoftware. Welche Lösung ist richtig für welchen Einsatzzweck? Brauche ich ein CRM und ein ERP – oder ist die integrierte CRM- oder ERP-Lösung ausreichend? Dieser Beitrag soll daher einen Überlick darüber geben, was heute die wesentlichen Unterschiede zwischen CRM-, ERP- und Marketing-Automation-Lösungen geben und wie Unternehmen die beste Lösung für sich selbst finden.
ERP und CRM – die Unterschiede
ERP mit CRM oder CRM mit ERP?
Vorneweg, ERP ist nicht mein Spezialgebiet, mit der Frage wie die Datenstruktur und die Schnittstellen aussehen haben wir uns aber in den letzten Jahren im Rahmen von Integrationen ausgiebig auseinandergesetzt. Mögliche fachliche Unschärfen bitte ich daher zu entschuldigen.
ERP – das Produkt im Mittelpunkt
Der bekannteste Hersteller von ERP-Systemen in unseren Breiten ist sicher SAP aus Walldorf, es gibt Lösungen von Microsoft, Oracle, Sage, Datev und vielen mehr.
Im Kern der meisten ERP-Implementierungen geht es um den Materialfluss im Unternehmen: vom Einkauf über die Verarbeitung bis zum Warenausgang. Natürlich spielen in diesem Ablauf auch die Kunden eine Rolle, da sie im Wertschöpfungsprozess als Abnehmer und Geldgeber der alles entscheidende Baustein sind.
Aus ERP-Sicht steht aber meist nicht der Kunde, sondern das Produkt im Mittelpunkt. Als Kundenverwaltung oder CRM-System sind diese Lösungen daher meist nur mit großen Abstrichen nutzbar. Das haben die ERP-Anbieter auch erkannt und integrieren daher zunehmend CRM-Funktionalität, entweder als Module im ERP oder als eigenständige Lösung mit umfangreichen Schnittstellen.
Im Unterschied zum ERP steht bei einem CRM-System der Kunde im Mittelpunkt. Vom Erstkontakt an werden alle Informationen rund um den Kunden im CRM-System gespeichert – die berühmte 360-Grad-Sicht auf den Kunden.
Mit den Daten wird aktiv gearbeitet, jede Änderung direkt eingepflegt. Das wiederum offenbart auch gleich das Dilemma von ERP-Lösungen mit CRM-Funktionalität.
Wichtigstes Credo im ERP: die Daten des Kunden sind richtig und dürfen, wenn überhaupt erst nach eingehender Prüfung geändert werden. Entweder werden also Berechtigungen eingeschränkt, oder es gibt eine eigene CRM-Datenbank mit doppelter Datenhaltung.
CRM – 360°-Sicht auf den Kunden
Alle CRM-Anbieter aufzuzählen, überlasse ich anderen. Es gibt Unzählige, jeweils mit eigenen Vor- und Nachteilen: Vom Marktführer Salesforce über deutsche Größen wie CAS und zahlreichen Cloud-Anbieter bis hin zu 1CRM. 1CRM – natürlich muss ich das System, das wir seit Jahren verkaufen nennen. Nicht nur, weil ich ansonsten Ärger mit unserer Marketingabteilung bekomme. Sondern weil es eines der Systeme ist, das Faktura und Warenwirtschaft abbildet und damit in die Domäne der ERP-Systeme vordringt.
Eine Vielzahl unserer Kunden nutzt Angebots- und Auftragswesen, ein paar weniger buchen auch Eingangszahlungen auf Rechnungen, die in 1CRM erstellt wurden. Das führt uns natürlich auch wieder zum Problem der erforderlichen Unveränderbarkeit von Buchhaltungsdaten, wie auch in der GoBD gefordert. 1CRM geht hier den pragmatischen Weg und unterbindet die Änderung von gebuchten Rechnungen.
Wäre da noch die andere Richtung von CRM – das Marketing, Domäne der Marketing-Automatisierung. Die meisten CRM-Systeme schreiben sich seit jeher Marketing auf die Fahne und bringen unzählige Werkzeuge, meist Outbound, wie Newsletter-Tools, Callcenter-Integrationen aber auch Web2Lead-Formulare und Kundenportale mit.
CRM und Marketing Automation
Die Grenzen von Vertrieb und Marketing haben sich verschoben
Wenn man sich die letzten Jahre ansieht, erkennt man aber ganz klar eine Verschiebung zwischen Vertrieb und Marketing. Kaum ein Unternehmen setzt noch ausschließlich auf Vertriebsmitarbeiter im Außendienst. Viele haben gar keinen Außendienst mehr. Maßnahmen, die früher gang und gäbe waren, wie Cold Calls, Massen-E-Mails, Massen-SMS oder Massen-Briefe sind im Rahmen der DSGVO stark eingeschränkt oder sogar verboten.
Neue Kanäle wie Social Media und Werbemöglichkeiten wie SEA oder sogar SEO (bezahltes, bzw. technisches Suchmaschinenmarketing, Search Engine Advertising / Optimization) gehören heute zum Standard.
Der einzelne Kunde ist bei Marketing Automation nicht entscheidend
Prinzipiell gibt es zwischen Marketing Automation und CRM sehr viele Überschneidungen. Beide Systeme stellen den Kunden in den Mittelpunkt und beide Systeme versuchen möglichst viele Informationen rund um den Kunden zusammenzutragen.
Marketing Automation fängt in einem früheren Stadium an, meist schon sobald der potenzielle Kunde das erste Mal die Webseite betritt und hört früher auf als ein CRM – ich kenne aktuell kein Marketing Automation Tool, in dem man Angebote schreiben könnte.
Der Hauptunterschied liegt aber in den Möglichkeiten der Automatisierung; so ist in der Marketing-Automatisierung – schon aufgrund der hohen Anzahl – nicht mehr der einzelne Kunde entscheidend, sondern die Persona als Kundentypus und die entsprechende Customer Journey, also die die Entwicklung vom Besucher der Webseite zum potenziellen Kunden.
Der einzelne Kunde wird relevant, sobald er eine definierte Station dieser Reise erreicht hat, ab dann wird er einem Vertriebsmitarbeiter zugewiesen, der dann für ihn verantwortlich ist. Normalerweise erfolgt zu diesem Zeitpunkt auch die Übernahme der Daten in ein CRM-System.
Macht ein Marketing-Automation-Tool ein CRM obsolet?
Der große Nachteil von Marketingautomatisierungssystemen ist, dass sie nicht automatisch funktionieren, auch wenn das der Name suggerieren könnte. Die Stationen auf der Customer Journey müssen für jedes Unternehmen individuell angepasst und kontinuierlich optimiert werden.
Hierfür bringen die Systeme A/B-Tests und umfangreiche Statistiken mit, die allerdings verstanden, und auch genutzt werden müssen. Passiert dies nicht, reicht meistens die im CRM-System enthaltene Marketingfunktionalität locker aus.
Andererseits kann ein gut konfiguriertes Marketingautomation-Tool in Kombination mit dem Angebotswesen eines ERP-Systems unter Umständen sogar ein CRM-System obsolet machen, z. B. Hubspot probiert dies mit dem Hubspot CRM (bei genauerer Betrachtung ein um Deals/Chancen erweitertes Inbound-Marketing-System).
Einfache Skalierung mit Marketing Automation?
Das große Versprechen aller Inbound-Marketing-Lösungen liegt in der beliebigen Skalierung: “Sobald Ihre Customer Journey mit den Personas konfiguriert ist, müssen Sie nur noch Ihr AdWords-Budget erhöhen, um Ihren Unternehmensumsatz zu steigern”.
Ja, nun – theoretisch… zuallererst verdient HubSpot. Oder sie setzen auf Open Source mit Mautic. Allerdings sind auch Open-Source-Lösungen wie Mautic nicht umsonst – Sie bezahlen mit einem höheren Konfigurationsaufwand.
(Ein paar Systeme gibt es noch, die aus dem E-Mail-Marketing kommen oder die ganz großen Lösungen von Adobe & Co.)
Einsatz von ERP, CRM oder Marketing Automation
Welches System für welchen Zweck?
Zusammengefasst hängt die Wahl zwischen den einzelnen Lösungen und Lösungskomponenten von den jeweiligen Zielen ab, die ein Unternehmen verfolgt. Und bei welchen Stellen der größte Pain Point sitzt.
Ist das Hauptziel, die Produktionsabläufe effizienter zu gestalten, sind Unternehmen immer noch mit einem ERP-System am besten beraten. Liegt jedoch ein großer Schwerpunkt auf der Optimierung des Vertriebs, der Kundenbeziehungen und Kundenkommunikation sind CRM-Systeme die richtige Wahl.
Große Unternehmen brauchen meist beides: ERP und CRM (mit integriertem oder angebundenem Marketing Automation). Für KMU ohne eine groß angelegte Produktionskette, aber Vertrieb von Produkten genügt häufig eine integrierte CRM-Lösung. Im Umkehrschluss bietet sich für KMU mit komplexer Produktionskette häufig ein ERP mit integrierter CRM-Funktionalität an.
Marketing Automation wird ebenfalls immer mehr zum Must-have und ist eine gute Ergänzung zum CRM-System. Wer über ein höheres Buget verfügt, ist mit integrierten Marketing-Automation-Lösungen wie HubSpot gut beraten. Wer sparen und dafür mehr Zeit in die Konfiguration investieren will, für den ist eine CRM-Lösung mit angebundenem Marketing-Automation-Tool wie Mautic genau richtig.