„Wir brauchen einen Weg, den jeder mitgehen kann und will.“
Interview mit Taozhen Müller
Interview mit Taozhen Müller
Verschiedene Sichtweisen miteinbeziehen und für uns gewinnen
An einem heißen Spätsommertag, zwischen grünen Bäumen und grauen Betongebäuden steht eine Gruppe junger Männer und Frauen teilweise mit Rucksäcken und teilweise mit dunkelblauen Umhängetaschen mit dem Logo der Hochschule Mannheim bedruckt. Inmitten der Gruppe steht Taozhen Müller und bespricht die letzten Details der Ersti-Feier. Sie unterstützt die jungen Studierenden, wo sie nur kann. Denn als Marketer weiß sie, dass gutes Beziehungsmanagement sich immer auszahlt.
Kunde
Taozhen Müller
Hochschule Mannheim
Liebe Frau Müller,
Sie arbeiten seit mehr als 3 Jahren bei der Fakultät für Wirtschaftsingenieure der Hochschule Mannheim. Inwiefern unterscheidet sich das Marketing in Unternehmen vom Marketing an Hochschulen?
An Hochschulen versuchen wir Studieninteressierte zu gewinnen. Die Studienwahl stellt für Schülerinnen und Schüler eine Lebensentscheidung dar und ist für sie daher mit einem großen Risiko verbunden. Die investierte Zeit lässt sich später nicht mehr zurückholen.
Im Hochschulmarketing steht daher die intensive Beratung vor dem Studium, während dem Studium und nach dem Studium im Vordergrund. Wir müssen Zukunftsperspektiven aufzeigen, und da Studieninteressierte in der Regel noch sehr jung sind, sie mit großer Sorgfalt und Sensibilität ansprechen und beraten.
Wie präsent ist bei Ihnen das Thema Digitalisierung? Was hat sich verändert?
Vieles hat sich verändert! Vor allem das Verhalten der Schüler und Studierenden. Die gehen kaum noch auf die Studien- und Berufsorientierungsmessen. Studieninteressierte sind überwiegend online unterwegs. Auch Vorlesungen werden meist über Laptops, Tablets sowie Smartboards statt Kreidetafeln gehalten.
Wenn Studieninteressierte nicht mehr auf die Studien- und Berufsorientierungsmessen gehen. Wie informieren sie sich dann? Ist der persönliche Kontakt zur Hochschule vor der Entscheidung noch wichtig?
Das geht heute alles übers Internet. Wir müssen die Formate wählen, die Studieninteressierte nutzen, damit wir sie abholen können, nicht umgekehrt. Der persönliche Kontakt ist zwar noch wichtig, aber dafür haben die Hochschulen Informationstage und Tage der offenen Tür. Diese Gelegenheiten sind für Studieninteressierte perfekt, um sich den Campus anzuschauen, in die Schnuppervorlesungen zu gehen und sich einen ersten Eindruck über die Studienumgebung zu verschaffen.
Wie kann die Studienberatung digitaler werden?
Oh, ich hab da viele Ideen. Doch an Hochschulen müssen wir ja auch immer an den Datenschutz denken. Noch stärker als es in der Industrie der Fall ist. Datenschutz ist natürlich sehr wichtig, aber geeignete Lösungen zu finden, die alle Regeln einhalten, ist nicht so einfach.
Ich würde gerne mit Digitalen Messen und digitaler Studienberatung, z. B. mithilfe von Podcasts experimentieren. Stellen Sie sich vor, da sitzen sich eine Studierende und ein Schüler gegenüber mit einem Mikrofon vornedran. Der Schüler stellt seine Fragen direkt an die Person, die aktuell den Studiengang erlebt: „Welche Fächer hast du …“ , „Wie schwer sind die Prüfungen?“, „Und sind die Professoren hilfsbereit?“ Und die Studierende gibt ihre Erfahrungen direkt an den Schüler weiter. Wie klasse wäre das denn? Das ist die beste Werbung für den Studiengang. Insbesondere, weil die Antworten direkt von den Studierenden kommen.
Welche Rolle spielt die Website bei der Akquise von neuen Studierenden?
Die Website ist sehr wichtig! Sie ist unsere digitale Visitenkarte, sozusagen die Bühne auf der wir tanzen. Eine Studierende hatte mir zum Beispiel angeboten, ihre Erfahrung bei der Suche nach einem Praktikum im Ausland als Beitrag auf der Webseite zu teilen. Einige Professoren kooperieren in Form von Projektarbeiten mit Unternehmen.
Diese Beiträge sind immens wichtig für unsere Zielgruppen. Denn so erfahren nicht nur die Studierenden, was sie im höheren Semester erwartet, auch die Studieninteressierten wie Schülerinnen und Schüler bekommen einen Einblick ins Studium. Natürlich muss ich neben dem Inhalt das Drumherum für die Bühne bereitstellen: Sinnvolle Menüstruktur für die leichte Suche nach den Informationen, aber auch Bilder, Videos etc. dürfen nicht fehlen.
Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung von Studieninteressierten Ihrer Meinung nach? Warum entscheiden sie sich für die Hochschule Mannheim?
Für Studieninteressierte ist es sehr wichtig, was ihre Familie, Freunde und Bekannte sagen. Wir bekommen viele Studierende aus der Region, die entweder von aktuellen Studierenden oder Alumni von der Hochschule erfahren haben. Deshalb pflegen wir gute Beziehungen zu Studierenden wie auch Absolventen der Hochschule.
Ein weiterer bedeutender Entscheidungsfaktor für Studieninteressierte sind unsere guten Positionierungen in Hochschul- und Studiengangsrankings: Der Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen ist regelmäßig im Ranking der Wirtschaftswoche in den Top Ten platziert, auch im CHE Ranking schneiden wir immer ziemlich gut ab. Das Siegel „Beste Hochschule Deutschlands“ der Wirtschaftswoche ist für Studieninteressierte ebenfalls ein starkes Argument für die Hochschule.
Wie kommt es, dass Ihr von den Studierenden, die ja beim CHE-Ranking abstimmen, so gut abschneidet?
Gute Lehrqualität, Praxisnähe und die super Lage in Mannheim, in dessen Umkreis sich zahlreiche bekannte Unternehmen wie BASF, John Deer, SAP oder ABB befinden. Die Region Rhein-Neckar will bis zum Jahr 2025 als eine der attraktivsten und wettbewerbsfähigsten Regionen Europas bekannt und anerkannt sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Absolventen im näheren Umkreis eine Arbeitsstelle finden, ist damit sehr hoch.
Doch auch die guten Beziehungen zu den Professoren und Dozenten, die hilfsbereit und erreichbar sind, sowie die Flexibilität, z. B. um ein Auslandssemester einzulegen, sind sehr wichtig für unsere Studierenden.
Was wünschen Sie sich von der Markenbildung und auch Digitalisierung an Hochschulen?
Dass wir einen Weg finden, um alle abzuholen und mitzunehmen. Alle sind jedoch nicht nur die Schülerinnen, Schüler und Studierende, sondern auch Professoren und Mitarbeiter der Hochschule. Dafür müssen wir alle verschiedenen Sichtweisen miteinbeziehen und für uns gewinnen. Wichtig ist, dass sich jeder mit der neuen Richtung identifizieren kann. Nur die Identifikation stärkt die Marke.